Wie ein Kinderchor einmal den Frieden im Land störte
Kürzlich veröffentlichte der WDR ein satirisches Kinderlied zur Melodie von „Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“. Darin werden in provokanter Weise klimaschädliche Gewohnheiten von uns allen aufs Korn genommen und resümiert: „Meine Oma ist ‘ne alte Umweltsau.“ Ein berechtigter und erfrischend augenzwinkender Beitrag zur Klimakrise, möchte man meinen. Oha, da hat der WDR aber die Rechnung ohne die ertappten Omas und vor allem Opas – und natürlich die Bildzeitung – gemacht: Ein Sturm der Entrüstung.
Liebe Omas und Opas! Je mehr Ihr Euch nun über diese vermeintliche Respektlosigkeit aufregt, desto klarer wird doch, dass die Kritik die Richtigen getroffen hat. Eure Wachstumsphilosophie und Euer Lebensstil führen vielleicht nicht mehr Euch, so doch Eure Enkel und Enkelinnen ins Verderben. Somit könnt Ihr noch froh sein, wenn Ihr nur geschmäht und nicht bestraft werdet. Schließlich dürft Ihr weiter ohne Scham fliegen, fidel auf Kreuzfahrt gehen und mit Euren SUVs die Straßen unsicher machen. Es wird sich eben nicht vermeiden lassen, dass nachfolgende Generationen auch nach Verantwortlichen für die sich anbahnende Katastrophe suchen und bei Euch fündig werden. Daher stünde Euch Demut besser als empörtes Geschrei.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Die Auseinandersetzung um die Klimakrise ist nicht auf einen Generationenkonflikt zu reduzieren. Das enthebt uns Ältere aber nicht der Verpflichtung, uns unserer miesen Klimabilanz zu stellen. Dem WDR sei gedankt: Wenn sich diese Omas und Opas – und natürlich die Bildzeitung – so echauffieren, scheint es, dass der Sender da etwas verdammt richtig gemacht hat. Schade nur, dass er dem Shitstorm nicht standhielt und den Beitrag aus der Mediathek genommen hat. Auf Youtube jedenfalls noch vorhanden.
Oliver Koch, Schongau
1 Kommentar
Sehr geehrter Herr Koch,
Ihr Artikel beinhaltet m.E. ein paar bekannte Denkfehler:
„Eure Wachstumsphilosophie und Euer Lebensstil führen vielleicht nicht mehr Euch, so doch Eure Enkel und Enkelinnen ins Verderben“. Anm.: Die Wachstumsphilosophie hat dazu geführt, dass es den Enkeln wirtschaftlich besser geht als jeder Generation vorher. Sie hat auch dazu geführt das wir uns unzählige ökologische Projekte leisten können, denn „Wenn die Ökonomie nicht stimmt, dann ist auch kein Geld für Ökologie da“, siehe ehemalige DDR (Bitterfeld & Co.). Und wenn die durchschnittliche Lebenserwartung jedes Jahr ein bisschen ansteigt, dann muss es wohl auch etwas an den Innovationen der Pharma-Industrie usw. liegen. Und wenn alles hier so ungesund wäre, dann müsste wohl die Lebenserwartung sinken?
Unser Lebensstil: Bin vor Kurzem mit der Bahn unterwegs gewesen: Wer in den Zügen und auf denn Bahnhöfen mal wieder den größten Dreck hinterlassen hat, waren Kinder und junge Erwachsene. Was ich persönlich mit eigenen Augen gesehen habe. Und für wen ist Amazon ein Synonym für „Einkaufen“? Für junge Erwachsene existiert m.E. der Einzelhandel vor Ort gar nicht mehr, man lässt sich alles liefern. Nur die Steuer bleibt in Luxemburg oder den USA, und nicht im Land des Käufers. Und so könnte man noch einige Beispiele nennen, wo die junge Generation noch einiges lernen könnte, anstatt die „Alten“ zu beschimpfen.
Und vor allem: Mit Reden ist es nicht getan. Die persönliche Umweltbilanz ist das entscheidende. Und da bin ich überzeugt, dass es bei vielen ökologisch angehauchten Zeitgenossen nicht mehr so gut ausschaut. Und wenn es dann noch Geld kostet, ist es gleich vorbei mit der persönlichen Bilanz. Und manchen „Ökos“ reicht es schon, bei Wahlen ein „grünes Kreuz“ zu machen, um das eigene schlechte Gewissen zu beruhigen.
„Flugscham“: Haben Sie sich schon mal Gedanken gemacht, was mit den Regionen passieren soll, die sich seit Jahrzehnten auf Tourismus eingestellt haben? Wollen Sie die Bewohner der Kanaren, Balearen usw. zu Ökobauern machen, die sich selber versorgen sollen?
Übrigens: Habe noch nie eine Kreuzfahrt gemacht (gönne es aber anderen „Alten“, die durch ihre Lebensleistung zum aktuellen Lebensstandard der jungen Generation beigetragen haben), bin letztes Jahr zum ersten Mal nach 10 Jahren wieder in ein Flugzeug gestiegen und fahre nur einen kleinen Halb-SUV zum bequemeren Ein- und Ausstieg. Und der braucht weniger Benzin als mein vorheriges Auto der Kompaktklasse. Darum lassen wir mal dieses dumme „Alten-Bashing“.