George Davis aus Peißenberg berichtet von der ZAC im Pariser Kulturzentrum 104
Gerne berichte ich euch von meinem Aufenthalt bei der Gegenkonferenz ZAC, während die offizielle COP 21 (21. Conference of the Parties) vom 8. bis 13.12.2015 in Paris abgehalten wurde. Was da als offizielle Konferenz auf dem Gelände des privaten Flughafens Le Bourget stattfand, war in meinen Augen der 21ste erfolglose Versuch zur Rettung des Planeten vor der Klimakatastrophe!
Zeitgleich trafen sich Mitglieder von NGOs zu einer Gegenkonferenz (AntiCop 21) der ZAC (Zone D´Action Climat) im Kulturzentrum Centquatre – 104, einem wunderschön renovierten Gebäude aus dem 19. Jh. (Anm.: 120 Jahre lang ein Bestattungsinstitut!). Dort verbrachte ich die meiste Zeit meines Aufenthalts!
Veranstaltet von »Le Coalition 21«, einem Zusammenschluss von NGOs wie Attac France, Réseau Action Climat (RAC) und CRID (Centre de Recherche et d’information pour le développement) wurden »alle Bürger dieser Erde« eingeladen, eine nachhaltige Bewegung zu gründen und für Klimagerechtigkeit zu kämpfen. In der »ZAC« versammelten sich Tausende von Aktivistinnen und Aktivisten von Organisationen aus aller Welt (»Ende Gelände«, »Friends of the Earth«, »350.org«, »Grüne«, indigene Völker aus Süd- und Nordamerika, aber auch Großeltern aus Norwegen, usw.), die sich nicht mit den halbherzigen, unzureichenden Beschlüssen der Delegierten aus 200 Ländern zufriedengeben würden, die im benachbarten Le Bourget residierten.
Die reichen Länder und ihre nationalen »Freunde«, die großen Energieunternehmen, sind durch die Ausbeutung und Verbrennung von fossilen Energiequellen (Öl, Gas, Kohle und Uran) reich geworden und sind schuld an der Erwärmung der Erde und der folgenden Klimaveränderung. Die Armen, die kaum mit der drohenden Katastrophe zu tun haben, sind die unschuldigen Opfer.
Der Klimawechsel und seine Folgen sowie die soziale Ungerechtigkeit, sprich Armut, sind eng miteinander verknüpft. Die Verbrennung von fossilen Energieträgern verursacht dies. Deshalb fordern wir eine rasche Verabschiedung von deren Ausbeutung (»Keep the oil in the soil«, »keep the coal in the hole“ und mein Beitrag „keep the gas in your …!«) ebenso den Stopp von Subventionen in Milliardenhöhe, die die »Großen« von unseren Regierungen bekommen. Gleichzeitig stellt die Gegenkonferenz fest: Die von reichen westlichen Ländern angestrebten Handelsabkommen schwächen unseren Widerstand gegen die Verursacher des Klimawandels und beschneiden unsere demokratischen Rechte.
Hauptredner bei den General Assembly (den täglichen allgemeinen Versammlungen) bei der ZAC in der Rue d’Aubervalliers (Centquatre) waren Vertreter von Umweltorganisationen aus Großbritannien, Deutschland, den Philippinen, Brasilien usw. Eine der Hauptfragen hat mit dem Grundzweifel an transparentem Regierungshandeln zu tun. Ihr Vorwurf: Wie kann es sein, dass gefährliche Handelsabkommen mit ihren gesetzlichen Regeln und Verpflichtungen so schnell ausgehandelt werden können oder sollen. Im Gegenzug dazu aber 21 Umweltkonferenzen keine verpflichtende Einigung über die Begrenzung des CO2 Ausstoßes von der internationalen Staatengemeinschaft durchsetzen können?
Ein Blick auf die Liste der Sponsoren der COP 21 (siehe Grafik!) bringt es ans Licht, womit wir es zu tun haben: Beispiel Großunternehmen und ihre gekauften Politiker: Sie bieten keine Lösung, sondern sie sind das eigentliche Problem! Oder der kanadische Staat: Die bekannte kanadische Schriftstellerin und »Umweltstar« Naomi machte vor einem Publikum von zirka 3000 Teilnehmern in einer Diskussion klar, wie TTIP, TiSA, und CETA unsere Demokratie bedrohen und damit das Ziel, die Erwärmung der Erde auf 2° C zu beschränken, gänzlich unmöglich machen.
Tadzio Müller, von der Rosa Luxemburg Stiftung und Koordinator von »Ende Gelände« organisierte vor einigen Monaten mit 1500 Aktivistinnen und Aktivisten die erfolgreiche Blockade von Garzweiler, dem riesigen Kohlenabbau Areal in Deutschland, in der Nähe von Mönchengladbach (NRW). Er hat uns in bewundernswertem und humorvollem British English aufgefordert, uns an Aktionen in einem Kohleabbaugebiet in der Lausitz, betrieben von Vattenfall, zu beteiligen.
Die Leute von »350.org« haben das Projekt »Keystone XL«, Öltransport Pipelines durch die USA, verhindert. Wir wissen jetzt leider, dass die »Tar Sands-Gigant Trans – Canada« die Regierung der USA auf Schadenersatz in Höhe von 15 Mrd. Dollar verklagen will. Begründet wird dies mit Übertretung der NAFTA-Gesetze und mit Amtsmissbrauch von Präsident Obama.[1]
Trotz des allgemein verbreiteten Optimismus und der Propaganda in den Medien am Ende der COP 21, „… sie sei ein historischer Erfolg zur Rettung des Planeten …“, wird es weiter im Schneckentempo vorangehen, um das Ziel der Verringerung des CO2-Ausstoß zu erreichen. Tausende von unschuldigen Menschen sind schon an den Auswirkungen von Klimakatastrophen gestorben und viele werden noch hinzukommen. Wie gesagt, wir kennen namentlich die Verursacher des Klimawandels: Esso, Shell, Enel, Chevron, Promgaz, die Kohlegiganten usw.
Deshalb haben wir, die Teilnehmer der Gegenkonferenz, im Saal des Centquatre und auf der Straße mehrere Schweigeminuten abgehalten, um an die Opfer und zukünftigen Opfer des Klimachaos zu erinnern.
Vertreter ganz unterschiedlicher Gruppierungen (Umweltschützer, Bauern, ethnische Völker usw.) hielten Vorträge über die Schwierigkeiten, ihren Zusammenhalt zu bewahren und beratschlagten, wie große Bewegungen besser koordiniert werden können.
Es gab Vorträge von Vertretern der vielen unglücklichen Betroffenen aus Afrika, Süd- und Nordamerika, z. B. über die Vergiftung ihres Wassers, Dürre, Staudammbau, erzwungene Umsiedlungen usw.
Auch an anderen Orten in Paris wurden von verschiedenen Organisationen Vor-träge gehalten. Demonstriert wurde ebenfalls vor Notre Dame und vor den Haupt-quartieren der großen Konzerne, die für das Klimachaos verantwortlich sind.
Wenn die Herrschenden ihre Aufgaben nicht erfüllen und ihre Verantwortung für unseren einzigen Planeten nicht übernehmen, würden wir ihnen zeigen, dass wir das letzte Wort – le dernier mot, the final word – haben und am 12.12.2015 um 12 Uhr – trotz Demoverbot – in Paris auf die Straße gehen. Paris sollte aber nur der Anfang sein. Für die Zeit nach Paris sind weltweit bereits weitere Aktionen geplant.
Auf der ZAC herrschte stets eine großartige Stimmung und hohe Motivation unter den oftmals bis zu 3000 Zuhörern. Der Komplex im Centquatre war großartig geeignet, die Säle ebenso wie die Nebenräume! Hier wurden wir über das Neueste aus den Verhandlungen informiert, auch über die geplanten Aktionen am Samstag, 12.12.2015 am Arc de Triomphe und am Eiffelturm.
Es wurden Verteidigungstrainings angeboten, falls die Polizei gewalttätig würde. Auch gab es juristische und medizinische Beratung, falls wir in Gewahrsam kommen oder verletzt werden sollten.
Vegetarische Bio-Verköstigung (Anm.: sehr sehr lecker!) für die Teilnehmer wurde gegen Spenden organisiert.
Anfänglich, d. h. vor Beginn der offiziellen UN-Konferenz am 29.11.2015, war die Polizei zügellos gegen Demonstranten vorgegangen. Wie ihr bestimmt auf Videos gesehen habt, wurden zahlreiche Demonstranten grob von der Polizei abgeführt. Deswegen waren ich und andere angenehm überrascht, als die Demo zwischen L’Arc de Triomphe und Porte Maillot genehmigt wurde und friedlich auf beiden Seiten verlief. Die Polizei ist nicht eingeschritten, als wir aus dem designierten Demonstrationsplatz »ausgebrochen« sind und unseren Marsch bis zum Eiffelturm weiter durch Nebenstraßen fortsetzten. Das Ganze war meines Wissens nicht genehmigt. Die Polizei trug trotzdem dazu bei, unseren Weg vom Verkehr freizuhalten. Vive la France!
Fazit: Natürlich herrscht eine Stimmung von Unsicherheit in Frankreich, aber für uns wurde die richtige Entscheidung getroffen, unsere Demo doch noch zu genehmigen. Die Ernsthaftigkeit der Klimasituation ist vielleicht sogar in die Köpfe der Regierenden eingedrungen. Wir, die Demonstranten, hatten das letzte Wort und werden ihnen genauestens auf die Finger schauen. Deshalb war Paris nur eine Zwischenstation auf dem Weg zur wahren Klimagerechtigkeit.
Mir persönlich und uns allen muss nach Paris eines klar sein, dass eine Handvoll Milliardäre mit ihren Großkonzernen und gekauften Politikern aus Profitgier bewusst unsere Lebensgrundlagen zerstört, wobei die Armen und Schwachen die ersten Opfer sind und immer sein werden.
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