Morde an kritischen Journalisten, Rechtsanwälten, Gewerkschaftern zeigen, wie ernst die Lage seit dem Staatsstreich Ende Juni 2009 ist … (35)

Verkehrschaoten

Es ist immer wieder ein Erlebnis, sich im Verkehrsdschungel von Tegucigalpa zu suhlen. Die faktische Nichtpräsenz von Polizei führt dazu, dass hier stellenweise simple Anarchie herrscht: Jeder und jede fährt, wie er will und kann.

Seltsamerweise führen diese Zustände nicht zu einem extrem erhöhten Unfall­aufkommen – eher gleich viel oder wenig über den deutschen Zahlen, würde ich mal schätzen.

Jederzeit auf alles gefasst sein, von Ampeln, die keinen interessieren, bis zu unbehelmten Motorradfahrern, die bei Gegenverkehr links und rechts überholen – faszinierend! Zudem hat nur ein Bruchteil der AutofahrerInnen eine Versicherung – für was auch, wenn doch drei Christus-Sticker hinten am Auto kleben…

Exil oder Tod

157 Menschen, oft mit ihren Familien, leben derzeit im Exil, also gezwungenermaßen außerhalb von Honduras (nach einem Bericht des Kommitees der Angehörigen der Festgenommenen und Verschwundenen) – Opfer des letztjährigen Staatsstreichs. Meist sind dies Anführer der Widerstandsbewegung – ihr Leben wäre hier im Land in akuter Gefahr – meint Bertha Oliva, die Menschenrechtskoordinatorin.

Sie beklagt die Politik der Verfolgung durch die jetzige Staatsregierung, paramilitärische Gruppen und Todesschwa­dronen.

Auch der letzte rechtmäßige Präsident von Honduras, Mel Zelaya, lebt noch im Exil – ihm wurden keinerlei Garantien für eine sichere Rückkehr oder Schutz vor Strafverfolgung gegeben – wie auch, denn dieselben Richter waren auch für den Staatsstreich verantwortlich.

Wie ernst die Lage ist, zeigen die 14 bisher ermordeten kritischen Journalisten, 30 Rechtsanwälte und diverse Führer von Basisorganisationen, vor allem Gewerkschaften.

Aus Tegucigalpa berichtet
Reinhard Böttger

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