Informationsblockade in den USA?
Die Berichterstattung über das von den Missouri-Fluten überschwemmte Atomkraftwerk Fort Calhoun bei Omaha im US-Bundesstaat Nebraska war in den Systemmedien bisher kaum eine Zeile wert. Sogar von einer Nachrichtensperre durch die US-Regierung war die Rede.
Ein Atomkraftwerk säuft ab, und möglichst niemand soll es mitbekommen. So ließe sich das Szenario umschreiben, das sich seit Wochen im US-Bundesstaat Nebraska abspielt. Dort haben die Wassermassen des Missouri infolge tagelanger Regenfälle das AKW Fort Calhoun völlig eingeschlossen. You-Tube-Filme im Internet zeigen, wie das AKW-Personal versucht, das Reaktorgebäude mit Pumpen und Sandsäcken vor einer Überflutung zu schützen. Die Atomaufsichtsbehörde sagt, es gebe keinen Anlass zur Sorge, alles sei unter Kontrolle. Das passt aber irgendwie nicht zu einer Nachricht aus pakistanischen Quellen, wonach US-Präsident Obama eine Nachrichtensperre und ein Überflugverbot des AKWs angeordnet haben soll. Zwar ist der Reaktor seit April wegen Revisionsarbeiten abgeschaltet. Aber in den Abklingbecken des AKWs lagert immerhin hochradioaktiver Atommüll der letzten 20 Betriebsjahre. Deshalb befürchten Kritiker wie der Atomingenieur Arnie Gundersen, dass eindringendes Wasser die Kühlung des Reaktors beschädigen könnte. Er sieht auch die Gefahr weiterer Dammbrüche. Wenn das passiert, so Gundersen, könne ein Unfallablauf wie in Fukushima nicht ausgeschlossen werden. Vorsichtig und meist nicht an exponierter Stelle wird jetzt langsam das Thema von der Systempresse aufgegriffen. Heute berichtete u. a. das Wall Street Journal, dass gestern am Sonntag, 26. Juni, eine Art Gummiwall zu Bruch gegangen ist, den man vorsichtshalber rund ums AKW aufgestellt hatte. Die Behörden wiegeln jedoch vorerst ab: Ein Schaden oder eine Gefährdung durch Austritt von Radioaktivität sei dadurch nicht entstanden. Experten wollen sich aber demnächst noch vor Ort näher mit der derzeitigen Lage beschäftigen.
Nach Einschätzung der atomkritischen Ärzteorganisation IPPNW ist es vorstellbar, dass das extreme Hochwasser die »Kellerräume« des Atommeilers geflutet hat, in denen sich empfindliche Betriebs- und Sicherheitssysteme befinden. IPPNW-Atomexperte Henrik Paulitz kritisiert insbesondere auch das Schweigen der Systemmedien. Weder die US-amerikanischen Behörden noch die deutsche Bundesregierung hätten die Öffentlichkeit adäquat informiert. Paulitz: „Es ist immer wieder das gleiche Phänomen, dass Industrie und Behörden alles tun, um derartige Vorfälle zu vertuschen und herunterzuspielen.“
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