Sind wir frei?

Personen: das Ehepaar Inge und Horst Bader mit ihrem Nachbarn Rolf Zeitler auf einer Bank am Schlossberg bei Peiting

R: Herrje, schaut euch nur das an! Grad hatten wir noch schönsten Spätherbsthimmel über uns, und jetzt ziehen gleich vier Kondensstreifen nach Süden.

H: (nach kurzem Blick nach oben) Flüge zu den Griechen, vermutlich.

I. Oder nach Ägypten.

R: Corona ist eindeutig Vergangenheit, Freunde.

I. Und wenn man das da oben so sieht, möchte man am liebsten sagen, leider.

H: Wir Menschen sind ein höchst seltsames Resultat der Evolution, fällt mir dazu nur ein.

R: Nicht zuletzt bei uns in Bayern meinen aber viele, dass uns unser Gott erschaffen hat.

I: Und diese Leute leben dann in blindem Vertrauen in ihn, einfach so dahin.

R: Und entbinden sich somit von jeglicher Verantwortung für ihr Tun.

H: Das ist eben bequemer, als darüber zu grübeln, ob sie nicht selber für ihr Verhalten und dessen Folgen verantwortlich sein könnten.

I: Männer, sind wir denn wahrhaft unabhängige, selbstverantwortliche und somit freie Geschöpfe? Wir sind doch in Wahrheit Kinder der Evolution, diesem gewaltigen Strom des Werdens auf dem Erdball. Wir sind ein Werk der Evolution, die auch uns gemäß ihrem Konzept entstehen ließ

R: Wenn man uns nur in den letzten zehn Millionen Jahren in den Blick nimmt, dann kann man bezüglich Eigenständigkeit tatsächlich kaum Hoffnung haben.

I: Eben, Rolf. Wir mussten ja offenbar schon in unserer Frühzeit recht aktiv sein, mussten immer kämpfen, haben schließlich Territorien erobert und uns zunehmend Vorteile gegenüber der Umwelt verschafft. Das alles hat uns geprägt und wurde unser Programm.

H: Und derzeit läuft dieses Programm nahezu weltweit auf vollen Touren.

R: Wie wahr. Und dennoch hat die Evolution aus unserem S t r a n g auch wunderbares heraustreten lassen. Menschen wie Mozart, Mutter Theresa, Einstein, die Callas und viele andere.

I: Mit Einstein, Rolf, zeigst du allerdings auch auf die Ambivalenz des Menschen; schier unglaubliche Intelligenz und Denkfähigkeit auf der einen Seite, und schreckliche Dummheit gepaart mit Verantwortungslosigkeit auf manch anderer Seite.

H: Ja, und so überlegen Inge und ich manchmal, ob wir Menschen in unser Programm vielleicht irgendwie eingreifen können, ob wir es vielleicht selbst in der Hand haben, seine positiven Elemente auszubauen.

R: Das habe ich fast schon aufgegeben. Man stößt bei solcher Überlegung ja auch auf die Sexualität in unserem Programm, die uns Menschen arg beuteln kann.

I: Kein Widerspruch, Rolf. Dieser Bereich in unserem Programm kann uns auf Schwindel erregende Höhen führen, aber auch in hässliche Tiefen.

H: Uns Männer beutelt sie nicht selten weit hinter unseren Verstand zurück und macht uns zu Gewalttätern. Um manche von uns baut sich u. U. gar ein regelrechtes Gewaltdelta auf.

R: Du siehst da wohl Putin; rückblickend vielleicht Hitler, Attila, Nero …

H: Auch die.

I: Leider sind es inzwischen zu viele. Dennoch schaue ich an einem so schönen Tag wie heute lieber auf Mozart und Mutter Theresa zurück. Und so will ich auch weiterhin hoffen, dass wir am Ende nicht krasser Außenseiter der Evolution werden und auch hoffen, dass sich unser S.t.r.a.n.g nicht selbst seine Lebensgrundlagen zerstört.

R: Bravo, Inge, bravo! Du, Inge, dieser Hoffnung will ich mich nur zu gerne anschließen.

(da landet ein Spatz auf einer Spitze von Inges Schuhen, flattert heftig mit den Flügeln, so, als wolle er auch Beifall spenden, und fliegt dann davon)

Guggera

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