»Occupy Wall Street«-Protestbewegung auch in Weilheim

Alfred Honisch

Alfred Honisch

Globalisierungskritiker zeigen ihre Empörung gegenüber dem Casino-Kapitalismus der Banken

Im Antrag zur Genehmigung der Weil­heimer Kundgebung heißt es, »Solidarisierung mit den Anti-Banken-Demos in den USA und den Demos von Jugendlichen gegen die Perspektivlosigkeit in der EU«. Im Kern ging es bei dieser Veranstaltung am 15. Oktober jedoch zuallererst um Solidarisierung, um die Beteiligung an Protesten, bei denen Tausende von Menschen weltweit seit vielen Monaten auf die Straße gehen oder in Parks ihre Zelte aufschlagen.

Mitorganisiert wurde die überparteiliche Veranstaltung von den Attac-Globa­li­sie­rungs­kritikern, die ihren Zorn und ihre Wut über die Ohnmacht der Bürger, ja ganzer Staaten vor dem Casino-Kapitalismus der Banken mit der Maskierung als Panzerknacker-Bande Ausdruck verliehen.

Das wesentliche Instrument der Demo war jedoch das sogenannte »Bürger-Mikro«. Nicht weniger als dreizehn Redebeiträge konnten damit in einer knappen Stunde den zeitweise bis zu 50 Passanten näher gebracht werden. Dabei treten die Zuhörer aus der Menge heraus, werden kurz in die Handhabung des Mikros eingewiesen und richten dann ihre Botschaft an die Zuhörerschaft*.

Bürger Mikro

Beitrag am Bürger-Mikro

Das inhaltliche Spektrum der Wortmeldungen umfasste nahezu alle Strömungen:

Stellungnahmen zu den nächsten währungspolitischen Vorhaben der Bundesregierung wie dem ESFS (= erweiterter Euro-Rettungsschirm), der in der aktuellsten Variante als 1000 Milliarden EURO-Bürgschaftssystem geplant ist.

Auch der ESM (= Europäischer Stabilitätsmechanismus) wurde angesprochen und heftig kritisiert. Denn damit soll ab 2013 eine neue EU-Finanzbehörde entstehen, die Rechte – besser Knebelparagrafen – anstrebt, die in der Öffentlichkeit kaum bekannt sind. Unter anderem verpflichtet sich jedes Mitgliedsland, ab 2013 „…unwiderruflich und bedingungslos jedem Kapitalabruf binnen 7 (sieben) Tagen“ nachzukommen, (§ 9 Abs. 3). Experten sprechen davon, dass damit jede staatliche Haushaltssouveränität aufgegeben wird.

Angesprochen wurde auch die Verantwortung der Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken. Auch sie unterlägen dem Druck, Gewinne zu machen. Ebenso wurde darauf hingewiesen, dass insbesondere den Sparkassen ihrer Beteiligung an der maroden Bayerischen Landesbank Verluste von mehr als einer Milliarde Euro einbrachten. Dennoch betrachteten mehrere Redner das Geschäftsmodell der genossenschaftlich geführten Banken als Chance. Bei ihnen sei man relativ sicher, „dass das Geld nicht beim Finanz-Roulette der Großbanken verzockt wird!“

In diesem Zusammenhang wies ein Redner auf die Problematik des Zinsnehmens hin, als grundsätzlichem Konstruktionsfehler im Geld- und Währungssystem. Hierzu sei die regionale Währung, etwa der »Regio« oder der »Chiemgauer« eine Alternative.

Mit Verweis auf eine andere Wertekultur in der Wirtschaft erntete eine Rednerin viel Beifall, die auf das Modell »Gemeinwohl-Ökonomie« der Gärtnerei Löwenzahn in Reichling hinwies. Dort werde, so die Aussage, eine wirtschaftliche System­alternative zu kapitalistischer Marktwirtschaft praktisch vorgelebt.

Ob der folgende Vorschlag eines Passanten realisierbar ist, müsste noch eingehender diskutiert werden. Er meinte: „Ab einem durchschnittlichen Investitionswert von vier Euro je Einwohner muss eine Kommune dazu die Bevölkerung befragen!“. Angewandt auf die bis 2020 anfallende 3,3 Millionen-Sanierung des Weil­heimer Rathauses, kämen 150 Euro auf jeden Weilheimer zu.

 

Panzerknacker

Die »Panzerknacker« von Attac präsentieren ihren Top-Manager

 

 


* Bei Occupy Wall Street Demos ist der Einsatz von Megafonen verboten. Die Redner werden durch die sog. »Mic-Check«-Methode so verstärkt, dass dadurch auch weit entfernt stehende Passanten mitbekommen, was gesagt wird.

Das Manifest der chancenlosen Jugend in Spanien: http://international.democraciarealya.es/manifesto/manifest-deutsch

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