Unsere Zukunft

Die Münchner Studenten Celina und Ronald Kerner und Sebastian Eisen während der Mittagsrast auf ihrer Radtour durchs Estergebirge

C: Übrigens, heut früh im Hauptbahnhof, hat mich der Trubel dort denken lassen, wie Recht die Leute von der Letzten Generation doch haben, die da sagen, dass das Leben von Teilen der Menschheit deutlich einfacher und betriebsärmer werden muss.

S: Und das fällt dir ausgerechnet hier in strahlend heller Mittagssonne, in dieser himmlischen Ruhe und am schönsten Fleck an der Eschenlaine ein?

C: Eben deswegen, Basti.

S: Okay, jetzt verstehe ich dich. Aber diese Leute werden es vermutlich nicht schaffen, die Welt entscheidend zu ändern.

C: Ist zu befürchten.

R: Muss man befürchten; obwohl es ja nicht mehr zu übersehen ist, dass das aufwendige Leben, das ein Teil der Menschheit führt, keine Zukunft hat.

C: Meine Studienkollegin Sarah, die von Anfang an bei der Letzten Generation mitmischt, sagt, dass vor allem die Industrienationen es einfach schaffen müssen, sich umzustellen. Diese Nationen müssen sich ehrlich und kühl vor Augen führen, dass sie sich mit ihrem derzeitigen Wirken das eigene Grab schaufeln.

S: Das hat ihnen der Club of Rome schon vor fünfzig Jahren gesagt.

R: Können die Industrienationen überhaupt noch auf einen deutlich einfacheren und weniger aufwendigen Kurs gelangen?

C: Sarah meint, es kann gelingen, weil der gegenwärtige Kurs so viel Schaden anrichtet, sodass er unbewältigbar teuer wird. Die Behebung der Schäden verschlingt immer mehr Arbeitskraft und ist somit unwirtschaftlich. Das wird auch die Hardliner unter den Befürwortern des gegenwärtigen Systems zur Abkehr bewegen, meint sie.

S: Es muss also ein neues System her … bezüglich Wirtschaft und Lebensstil. Unsere Lebensinhalte müssen also andere werden.

C: Ja, und eigentlich ist das alles ganz einfach, sagt Sarah. Wenn ein System zu schadensträchtig geworden ist, muss es korrigiert werden. Und so werden wir unverzüglich Richtung Schadensminimierung umschalten. Das heißt zuerst einmal: Die Produktion von nicht lebensnotwendigen Dingen aufgeben; dann Vermeidung von nicht unbedingt notwendiger Bewegung bei Personen und Waren; dann Wohnraum pro Person verringern, wegen dem Energieverbrauch; dann kein Wegwerfen mehr und langlebige Güter usw. usw. Der Mensch, sagt sie, darf um sich herum nicht mehr so viel Wirbel veranstalten.

S: Dem kann ich eigentlich recht gut folgen, Celi. Seit etwa zweihundert Jahren hat ein Teil der Menschheit seinen Lebensstil kontinuierlich hochgeschaukelt, im Grunde blindlings; er hat selten überprüft, ob ein Fortschritt wirklicher Fortschritt ist, und er hat vor allem nicht geprüft, ob dieser längerfristig zu halten ist.

R: Es gab in diesem Lauf immer ein paar große Nutznießer, denen so eine Überprüfung nicht in den Kram gepasst hat, Basti.

C: So ist es. Sarah sagt, dass in Zukunft schädliche Einzelinteressen konsequent unterbunden werden müssen. Es muss Geschlossenheit in Richtung einfaches und schadenfreies Leben erzielt werden, und sie meint, dass das auch möglich ist. Die Basis für singuläres rücksichtsloses Verhalten, sagt sie, bricht derzeit rasant zusammen.

S: Sehe ich auch so. Aber, Celi, was sagt Sarah bei den Punkten reduzierte Produktion und Arbeitsplätze?

C: Dass wir weniger arbeiten werden, dass die verbleibende Arbeit selbstverständlich aufgeteilt wird. Wer bescheidener lebt, sagt sie, kann mit weniger Einkommen leben.

S: Das klingt nach Herkulesaufgabe.

C: Das wird sie wohl auch werden, aber die Menschheit kommt nicht darum herum, wenn sie nicht untergehen will. Und so sagt Sarah auch, dass alle Forschung so gestaltet werden muss, dass sie mit dazu beiträgt, das zu verhindern.

R: Eben. Und diese Aufgabe muss weltumspannend angegangen werden. Keine Nation darf sich davor drücken.

S: Also, wenn ich das Gehörte an diesem traumhaft schönem Fleck Erde kurz bedenke, dann klingt mir das ganz nach einer neuen weltumspannenden Religion.

C: So ähnlich, Basti, sagt das auch Sarah. Sie sagt, dass uns die Natur über ihre Reaktionen auf unser Treiben dorthin lenken wird.

Guggera

1 Kommentar

    • Roland Brendel, 82362 Weilheim auf 13. August 2023 bei 22:14
    • Antworten

    Uns geht es wie dem Zauberlehrling bei Goethe, wir sind uns nicht bewußt, was wir mit dem in Maschinen installierten Wissen in Bewegung gesetzt haben. Ob in der Landwirtschaft, der Industrie, dem Verkehr oder am Bau. Wir überfluten unseren Lebensraum bis zum Untergang. Welches „Zauberwort“ rettet uns?

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